Johannes Brahms

Sonate f-Moll op. 120 Nr. 1 bearbeitet für Klarinette und Kammerorchester

entwickelt zu einer Kammersinfonie von Mathias Weber
Besetzung: Klarinette, Orchester
Flöte, Oboe, Fagott (Kontrafagott), Horn, Trompete, Harfe, Streicher, Klarinette
Partitur
Dauer (h:m:s): 00:25:00
Spiralbindung
Format: 25 x 35,3 cm
Seiten: 61
Gewicht: 355 g
Edition Gravis / EG2009P
ISMN: 9790205719326

45,00 

Lieferbar
Lieferzeit: 10 Tage

Beschreibung

Brahms: Sonate Op. 120 Nr.1 für Soloklarinette und Kammerorchester

Eine weitere „Bearbeitung“: Warum? Diese berechtigte Frage stellt sich umso mehr bei einem Meisterwerk wie der vorliegenden Klarinettensonate Opus 120 Nr. 1 von Brahms. Meine Motivation, eine orchestrale Fassung dieser Sonate zu schaffen sei im Folgenden kurz umrissen:

1. Brahms hat selbst gern Werke anderer Komponisten bearbeitet. Davon zeugen seine Orchesterfassungen einiger Schubert-Lieder, seine Bearbeitung der Chaconne von Bach für Klavier, um nur einige seiner Adaptationen zu erwähnen. Seine Bearbeitungen werfen ein neues Licht auf das Original und gewinnen ihm neue Seiten ab.

2. Brahms hat von einigen seiner eigenen Werke verschiedene Fassungen veröffentlicht; so wurde aus der Sonate für zwei Klaviere das Klavierquintett und die Haydn-Variationen erschienen sowohl in der Version für Orchester wie in der für 2 Klaviere. Er war also gewissermaßen sein eigener Bearbeiter. Es scheint ihn gereizt zu haben, eine Idee in verschiedener Weise zu materialisieren.

3. Brahms Klaviersatz ist außerordentlich vielschichtig in seinem Liniengeflecht und seiner Farbigkeit. War es hier nicht naheliegend, die differenzierten Möglichkeiten eines Kammerorchesters zu nutzen?

4. Brahms Klaviersatz ist zuweilen orchestral, zuweilen pianistisch. In dem Schwesterwerk von Opus 120 Nr.1, der Es-Dur-Klarinettensonate Opus 120 Nr.2 etwa ist die vollkommene Verwirklichung der Kompositionsidee in typisch klavieristischem Gewand erfolgt, was ein Grund für mich war, diese nicht zu bearbeiten. Der kompakte Klaviersatz der hier vorliegenden f-moll-Sonate dagegen kann meiner Meinung nach durch eine Bearbeitung differenziert werden.

5. Nicht nur der Klaviersatz, sondern auch die gesamte Textur der Sonate gewinnt durch die zahlreichen unterschiedlichen Kombinationen der Klarinettenstimme mit den Linien der verschiedenenOrchesterinstrumente wie auch mit den wechselnden Klangmischungen des Orchesters an Differenziertheit. Umgekehrt gewinnt die Klarinettenstimme dadurch an Perspektive.

6. Daraus folgt zwangsläufig eine Erweiterung der Funktionen ebendieser Klarinettenstimme: sie ist oft solistisch, zuweilen dialogisierend, zuweilen im kammermusikalischen Satzund an einigen wenigen Stellen Teil des Kammerorchesters. Aus einer „bilateralen“ Beziehung (zum Klavier) ist eine „multilaterale“ geworden.

7. Brahms Komponieren hat stark auf die Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts gewirkt. Gerade die Neue Wiener Schule (Schönberg, Berg, Webern und andere) fühlte sich als Fortsetzung von Brahms´ Werk. Viele ihrer Kompositionstechniken nahmen Anleihe bei Brahms. Mein Blick auf Brahms ist durch die Beschäftigung mit den Werken des 20. Jahrhunderts verändert worden. Die vorliegende Bearbeitung soll dem Rechnung tragen. Jede Interpretation eines Musikwerks ist eine neue Sichtweise auf dieses. Jede Interpretation ist zeitgebunden und kann bestenfalls in dem zu betrachtenden Werk neue Aspekte entdecken und es damit lebendig erhalten.

Abschließend noch ein paar Anmerkungen zu einigen Details von Struktur und Instrumentation:

1. Die Harfe wurde verwendet, um einige für einen genuinen Klaviersatz typische im Pedal zu spielende Akkordbrechungen adäquat zu realisieren. Das wäre mit einer ausschließlichen Verwendung von geteilten Streichern nahezu unmöglich. Auch gleichzeitige Verwendung von einzelnen Tönen der Harfe und langgehaltenen der Streicher ergab einen klavieristischen Effekt. Brahms hat übrigens in einigen seiner eigenen Werke die Harfe verwendet: im Deutschen Requiem“, der „Nänie“ sowie in den vier Gesängen Op. 17 für Frauenchor. Gleichfalls in seinen Bearbeitungen von Schubertliedern ist die Harfe anzutreffen.

2. Ich wollte keine konventionelle Bläserbesetzung verwenden, vielmehr eine sparsame, die im Zusammenwirken mit Harfe und Streichern in Kammerorchesterbesetzung die einerseits die Struktur, das Eigenleben der Linien wie auch die Feinsinnigkeit differenzierter Klangmischungen erklingen lassen, andererseits jedoch auch klangmächtige Tuttiwirkungen ermöglichen.Eine schwierige Gratwanderung, die ich unter dem Motto: „So sparsam wie nötig, so reich als möglich“ beging.

3. Einige wenige Takte der Klarinettenstimme wurden in andere Instrumente verlegt.Dadurch konnten bereichernde Korrespondenzen entstehen. (etwa 95% der Klarinettenstimme blieben aber unangetastet!)

So ist das Ganze ein Chamäleon, eine Mischung aus Solo-Konzert und Kammersinfonie geworden. Möge es einen neuen Blick auf das musikalische Monument der Sonate für Klavier und Klarinette f-moll Op. 120 Nr. 1 werfen.

Hamburg, 22. Januar 2020
Mathias Weber